Portrait in Der "Zett am Sonntag"

Fragebogen im Südtiroler Wochenmagazin FF

INterview mit "Franz Magazine"

DIE MAX G. FISCHNALLER STORY

von Florian Rabatscher

 

Schauspieler. Ein Wort, das für Glitzer, Glamour und Ruhm steht. Nicht mal im Entferntesten würde man hier an harte Arbeit denken. Eher an Hollywood, der wunderschönen Plastikwelt, wo die oberen Zehntausend Tür an Tür leben. Wow, was für ein Leben. Gibt es das wirklich? Natürlich nicht. Dieser Ort ist die größte abbröckelnde Fassade der Welt. Dort trifft man eher auf Obdachlose, Crack-Junkies und Nutten, als auf einen Star. Vergesst Glitzer und Glamour, es ist eher der vollgeschwitzte Glitter-Klumpen auf der Haut einer abgehalfterten Stripperin. Herrlich, welche Reste die sogenannte Traumfabrik heutzutage noch aushustet. Der Film „La La Land“ also? Für den Arsch. Doch vergessen wir Hollywood, da es für unsere Geschichte hier nicht relevant ist und mal ehrlich, wen interessiert das schon. Aber Träume gibt es auch im wirklichen Leben, der ein oder andere malt sich sicher oft aus, wie es wohl wäre, überall erkannt zu werden? Welches Kind hat nicht schon davon geträumt, im Fernsehen oder auf der Bühne zu sein? Im unscheinbaren Dorf Obervintl gab es auch mal ein Kind, das davon träumte. Der kleine „Töpsl“ Maximilian Gruber-Fischnaller spielte seine erste Rolle im Kindergarten beim Stück „Des Kaisers neue Kleider“. Sehen wir das als Einstiegsszene für „Die Max G. Fischnaller Story“.

 

Ja, der Max war schon immer besonders, das „schwarze Schaf“ der Familie, sagt er zwinkernd. Nein, es handelt sich hier nicht um einen schwierigen oder zurückgebliebenen Bengel. Nur, mit seinen zwei linken Händen war er keine große Hilfe auf dem elterlichen Hof, weshalb sein Vater schon manche Fluch-Arie auf ihn losließ. Er war „der Max mit den besonderen Fähigkeiten“. Seine Gabe offenbart sich auch mir während unseres Gesprächs. Wie ein Kleinkind, mit großen Augen und offenem Mund lausche ich gebannt seinen Geschichten. Er könnte gerade genauso gut über das verdammte Wetter sprechen und trotzdem würde man an seinen Lippen hängen. Dieser Typ muss ja unendliche Chancen bei den Frauen haben, aber nicht nur dort, denn da ist es ja wieder: Dieses famose gewisse Etwas. Der Beruf Schauspieler scheint fast schon wie maßgeschneidert für ihn. So kann man es bei ihm fast als Berufung verstehen und mittlerweile kann er sogar locker davon leben. Als freier Schauspieler klappert er die verschiedensten Bühnen von Südtirol bis Wien ab. Vom Film über hohes Theater bis hin zum Kindertheater als der bekannte „Regenbogenfisch“, unter anderem, verschlägt es ihn in die verschiedensten Rollen. Natürlich könnte er einen fixen Vertrag bei ein- und demselben Haus haben, doch er genießt seine Freiheit. Zudem kann man sich auch noch auf anderem Wege in diesem Beruf über Wasser halten: selbst unterrichten, Kurse abhalten oder in Form von Kabarett und musikalischen Performances. Einmal spielte er sogar an der Veterinär-Uni in Wien für die Studierenden einen Tierbesitzer, dessen Haustier eingeschläfert wird, um die angehenden Tierärzte auf solche Situationen vorzubereiten. Sehr interessant das Ganze, allerdings war der Weg bis dahin alles andere als ein Zuckerschlecken. Wie ein verirrtes Schiff in einem Unwetter ging es für ihn auf und ab. Vor allem, weil er es nicht auf die klassische Weise bewältigte …

 

Zurück zum jungen Max, der während des Nachspielens von Sketchen (von Otto Waalkes zum Beispiel) schnell bemerkte, dass man Leuten dadurch ein Lachen ins Gesicht zaubert. Die Möglichkeiten für Schauspielerei waren natürlich begrenzt in einem Dorf wie Obervintl. Doch gab es einmal in seiner Mittelschule eine Theaterwerkstatt, an der er teilnahm, und damit war es um ihn geschehen. Nach der Mittelschule besuchte er das Pädagogische Gymnasium in Bruneck und wählte Musik und Theater als Wahlfach. Obwohl ihn sein Berufsberater darauf aufmerksam machte, dass dies eine Schule für Mädchen sei, sah er kein Problem darin. Im Gegenteil, die anderen Angebote waren für seinen Geschmack sowieso zu wissenschaftlich. Theater, Musik und Kunst waren immer schon sein Ding. Man sieht, er wusste genau, wo seine Reise enden sollte, doch bei uns hier konnte er sie nicht beginnen. Was für ein Glück, dass ein Bruder von ihm in Wien lebte, diese Stadt sieht schon eher nach einem guten Sprungbrett aus. Der bundesdeutsche Raum zog ihn nie wirklich an und auch heute noch schwärmt er von der österreichischen Metropole Wien. Er liebt das kulturelle Angebot, die Beisln, den Wiener-Proleten und den Dialekt. „Sie haben so eine nette unfreundliche Art“, sagt Max. Uns Südtirolern ist Dialekt wichtig, jedes Tal besitzt seinen eigenen und ist fast schon stolz darauf. Da stand er nun: jung, motiviert und bereit die Welt zu übernehmen. Kein geringeres Ziel vor Augen als die Schauspielprüfung des Reinhardt Seminars zu bestehen. Wo sich meistens 800–1.000 Leute bewerben und vielleicht zehn davon genommen werden. Was für ein Wahnsinn. Kurz gesagt, seine Nummer hing nach der Audition nicht an der Tafel. Der große Mittelfinger für einen aufstrebenden Schauspieler, der dir ganz einfach sagt: Verpiss dich! Ja, hier auf dem Land bekommst du leicht gutes Feedback von den Leuten, doch Wien stellte ihn auf die Probe.

 

Am Reinhardt-Seminar probierte er es übrigens noch zweimal und dazu noch viermal am Konservatorium, einmal am Mozarteum in Salzburg, an der Schauspielschule in Graz und in Leipzig. Ohne Erfolg. Nach diesen ganzen Pleiten legte er seinen Traum erstmal für ein Jahr auf Eis. Dem Theater den Rücken gekehrt, studierte er wieder und arbeitete nebenbei in einer Kneipe. Doch ganz ließ es ihn nicht los, denn während dieser Phase tauchte er zunehmend in diese Kultur ein und ging fast jeden Tag ins Theater. Er wurde immer unglücklicher und neidisch. Die Stücke, die er sah, konnte er nicht mehr genießen, da er sie nur mehr analysierte und auseinandernahm. Es half alles nix, er musste sich aufraffen und seinen Traum weiterverfolgen. Das Studium der Theaterwissenschaften gab er auf, da es ihm sinnlos erschien. Als ob du ein Rennfahrer wärst, der sich die Strecke nur anschaut. Er brauchte den Kick und musste zurück auf die Bühne. Deswegen bewarb er sich bei verschiedenen freien Bühnen in Wien. Eine davon war am Theater zum Mitnehmen, bei dem einfach in verschiedenen Cafès und Lokalitäten Stücke aufgeführt werden. Zum Beispiel „Die Physiker“ von Dürrenmatt, wo er lustigerweise alle drei Wissenschaftler spielte. Zudem absolvierte er verschiedenste Kurse über Clownerie, Pantomime, Tanztheater und eigentlich allem, was ihm unter die Finger kam. Über den Sommer spielte er sogar beim Freilichttheater mit. Man sieht, Fehler müssen erlaubt sein, um besser zu werden, nun ging er die Sache anders an. Sein Ziel war wieder in Sichtweite. Warum auch immer den klassischen Weg gehen? Im Alleingang absolvierte er die Bühnenreifeprüfung in Wien und das sogar mit Leichtigkeit. Total absurd, wenn man bedenkt, dass er es bei keiner Aufnahmeprüfung einer Schauspielschule über die erste Runde geschafft hatte. Jedenfalls ist Max trotz allem noch zu seinem persönlichen Happy End gekommen: Er fühlt sich wohl in seiner Haut und strahlt das auch aus.

 

Ja, die  „Max G. Fischnaller Story“ entwickelt sich ja fast schon zur schmierigen Motivationsgeschichte: Halt an deinen Träumen fest und so ein Schwachsinn … Vielleicht ist er ja die fleischgewordene Motivation? Jedenfalls, eines kann man von ihm lernen: Scheißegal, ob du aus dem letzten Dreckskaff von Sibirien stammst oder der High Society von Paris angehörst, wenn du etwas willst, kannst du es schaffen und es gibt nicht nur den einen Weg. Also scheiß auf Hollywood, in der realen Welt gibt es doch viel mehr zu entdecken. Wer bis hierher gelesen hat und sich jetzt denkt: Eigentlich habe ich mit Theater gar nichts am Hut. Keine Panik, man kann Max auch auf anderem Wege erleben. Es gibt eine Rolle, die er sogar öfters verkörpert: Nämlich die von Angus Young dem Gitarristen von AC/DC. Er ist Teil der AC/DC-Tribute-Band LOUD und das nicht ganz ohne Grund: Als Gitarrist und Riesenfan der Band ist es für ihn das Größte deren Songs zu performen. Am liebsten würde er sogar zum Song „Ride On“ von AC/DC beerdigt werden. „Ride On“ bei einer Bestattung? Ja, Max wird sogar noch motiviert von uns gehen und mit einem großen Knall natürlich. Was für ein eigenartiges Volk diese Schauspieler doch sind, aber genau deswegen bewundert man sie. Oder etwa nicht?


Künstler-Portrait in der "Zett"

von Johannes Vötter (11.02.'18)

 

MERAN/OBERVINTL „Bon Scott oder Brian Johnson?“ – „Das ist leicht beantwortet: Bon Scott! Er hat die besseren Lyrics geschrieben, war ein Poet. Und sollte ich mal – denn wer will schon ewig leben? – abtreten, dann habe ich nur einen Musikwunsch am Grab: ‚Ride on‘!“

 

Für all jene, die bis jetzt nicht wissen, worum es geht: Dieser Dialog dreht sich um die essenziellste Frage unter allen AC/DC-Fans dieser Welt. Nämlich, wer eigentlich der bessere Frontmann jener australischen Kult-Band war, die weniger Rock-affine Zeitgenossen maximal wegen Angus Young kennen – dem hyperaktiven Gitarristen in der Schuluniform.

 

Genau diese Schuluniform ist es aber, in die Max G. Fischnaller gerne schlüpft. „LOUD“ – das ist der Name jener Pusterer AC/DC-Tributeband, bei der er „den Angus“ gibt – und ein Solo nach dem anderen durch den Verstärker schickt. „Für mich ist das wie eine Rolle. Sobald das Scheinwerfer-Licht an ist, bin ich ‚volle Tschodo‘ der Angus“, sagt Fischnaller. Die Art, wie der junge Obervintler das aber sagt, ist fast schon schüchtern-nachdenklich. So, als würde die Rampensau irgendwo dort – hinter den Brillen – schlummern. Direkt neben dem Feingeist, der in diesem 25-Jährigen ganz offensichtlich innewohnt und ihn zu einem der aufstrebenden Südtiroler Schauspiel-Talente macht.

 

Vom Töpsl-Sohn zur Rampensau Max

 

Aktuell ist das Meraner Theater in der Altstadt (TidA) Fischnallers Bühnen-Heimat. Vorgestern fiel dort der letzte Vorhang für das Stück „Kollision“ (die „Zett“ berichtete) – und es laufen bereits die Proben für die nächste Produktion: Am2.März ist Premiere der Komödie „Der Vorname“. Dann muss Max. G. Fischnaller neben gestandenen Größen der heimischen Theaterszene wie Sabine Ladurner, Karin Verdorfer, Thomas Hochkofler und Stefan Marcello sein ganzes Können zeigen. „Zumal Komödie kein einfaches Fach ist“, wie er selbst sagt. Aber genau das ist der Reiz bzw. der Grund, warum ihn dieses Genre so fasziniert. „Die Lust an der Provokation einerseits, das Publikum zum Lachen zu bringen andererseits“, so formuliert er die Herausforderung.

 

Zumal für einen jungen Darsteller wie Max G. Fischnaller jedes Stück, jeder Auftritt einen Entwicklungsschritt bedeutet, wie er bei dieser Spielpause auf der Passerpromenade einräumt. „Daher ist mein Fazit nach dem letzten Vorhang von ‚Kollision‘ ein zweischneidiges“, sagt er wohlüberlegt in der Wortwahl: „Das Stück hat mich aufgrund seiner Rasanz und Moderne von Anfang an begeistert, und die Zusammenarbeit mit meinen drei Bühnenkolleginnen war toll. Aber ich hadere ein wenig mit dem Publikum. Denn als großteils Pusterer Truppe muss man die Meraner Zuschauer erst einmal überzeugen – und ins Theater holen. Da zeigt sich, wie wichtig hier die sozialen Netzwerke im Aufmerksamkeit- Schaffen sind.“ Und noch etwas hat der Jungspund auf den heimischen Bühnen relativ schnell gelernt: „Provokation ist hier nicht jedermanns Fall – selbst wenn Verwandte oder Freunde im Publikum sitzen.“

 

Lachend erzählt er eine Anekdote aus der „Dekadenz“-Produktion „Im Abseits“ im Herbst 2017. Damals sorgte Max G. Fischnaller für schallendes Gelächter, als seine Figur einen kuriose Wendung vom coolen Lover zur effeminierten Ballett-Tussi durchmachte: „Ich tanzte dann im rosa Tutu und Stringtanga über die Bühne im Brixner Anreiterkeller – und hinterher sagte eine gute Freundin zu mir, dass sie sich für diesen Auftritt voll geniere! Das musste ich erst Mal verdauen.“

 

Ein paar Monate später kann Fischnaller darüber lachen, zumal er damals „relativ frisch aus Wien“ wieder in der Heimat spielte. Auch das gehört zum Lernprozess des Sohns vom Töpsl-Hof in Obervintl, der mit 19 Jahren das Land verließ, das „ihm viel zu klein war!“. Also lernte Fischnaller sein Handwerk in Wien, wo er 2015 die Schauspielreife erlangte und seither sowohl auf der Bühne, wie vor der Kamera einige beachtliche Rollenspielte – zuletzt im Kurzfilm „Hoam“, der unter der Regie von Patrick Neubäck in Vietnam entstand.

 

Auch zwei Preise heimste Fischnaller ein: Aktuell als „Best Actor“ beim Lebanon International Short Film Festival für die Hauptrolle im Kurzfilmthriller „Der Anruf“ und 2017 den „New Kid on the Block“-Award für seine Rolle in „Tschechow in Jalta“ im Theater Scala Wien/Stadttheater Mödling. Dort hat der blonde Frauenschwarm übrigens nicht nur das große Theater-, sondern auch das Liebesglück gefunden, wie er augenzwinkernd verrät: „Ja, ich bin glücklich vergeben!“ Und wie sich das für einen „Nestroyaner“ wie Fischnaller gehört, hat er sein Herz an eine Schauspielerin und Tänzerin verloren – nämlich Samantha Steppan, deren Vater Andreas als kultiger „Selfman“ in der gleichnamigen „ORF“-Serie zum TV-Starwurde.

 

Insofern pendelt Max G. Fischnaller zwischen diesen Welten und genießt die Abwechslung:

 

„Wien, Vintl, Meran – wenn die Scheinwerfer angehen, dann bin ich Zuhause. Wenn ich aber abends im Bett liege und keine Aufführung, Probe oder Auftritte habe, werde ich richtig zappelig.“ Dann hilft nur mehr ein AC/DC-Gitarrensolo, so wie in Fischnallers Lieblingssong seiner Herzens-Band: „If you want blood“ vom „Highway to hell“-Album (1979). Dann verdrängt die Rampensau in ihm ohne Wenn und Aber den Feingeist, und das mit einem spitzbübischen Lächeln: „Ich werde oft gefragt, was das G. im Namensoll. Nun, das kann eine sexuelle Konnotation sein, aber möglicherweise hat das etwas damit zu tun, dass ich gerne provokant bin– oder dass Gruber ein Allerwelts-Familienname ist und das G. interessanter wirkt.“

 

So bleibt es Fischnallers Gegenüberüberlassen, sich darauf einen Reim zu machen – zumal das Gespräch eine abrupte Wende bekommt. Zwei Mütter vom Nebentisch bitten darum, einen Moment auf ihre „Poppelen“ im Kinderwagen aufzupassen, während sie Kaffee holen. Und da jetzt noch über AC/DC zu reden, das ist nichts für Baby-Ohren. Oder vielleicht doch?

 

Max G. Fischnaller (*30.Mai 1992, aus Obervintl) ist ein echtes Multitalent.

 

Nach dem Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaften der Uni Wien, erlangte er 2015 das Schauspielreifediplom. Seit 2009 wurde Fischnaller sowohl für Bühnenproduktionen, wie auch Kurzfilme engagiert, u.a. in mehreren Nestroy-Produktionen.

 

In Südtirol war er 2016 im „Weißen Rössl“(Rotierendes Theater, Klausen) zu sehen, 2017 bei „Im Abseits“ (Dekadenz Brixen), zuletzt im Stück „Kollision“ (TidA, Meran).

 

Im zweiten Bühnenleben ist Max G. Fischnaller übrigens als Sologitarrist der Brunecker AC/DC-Tributeband „LOUD“ auf den Spuren von Angus Young – demnächst live am 23. Februar im Schwimmbad Feldthurns (21 Uhr) und am 24.Februar im Eisstadion Bruneck (18 Uhr).

 


Pressestimmen

Lumpazivagabundus - Nestroy Spiele Schwechat 2016

saugut - Falter

Fischnaller schält aus dem verstrubbelten Handwerker einen alerten Unternehmner heraus, der seiner Arbeitskräfte auspresst und die ehemaligen Kumpane mit Tugendterror drangsaliert - Kurier

Der Prozess - TidA Meran 2019

alles sitzt in dieser Inszenierung // der in Wien lebende Brunecker Schauspieler Max G. Fischnaller ist ein Körpersprachkünstler, der mit seiner Bühnenpräsenz aus dem Vollen schöpft // Fischnaller hat alle Abstufungen im Repertoire // - Südtiroler Tageszeitung

virtuos und wortgewandt // mit bewundernswerter Gelassenheit und Respekt - Dolomiten